Kontext - Kunststoffabfälle sind ein wachsendes Problem: Es wird davon ausgegangen, dass sich die Kunststoffproduktion in den nächsten zehn Jahren verdoppelt, und ohne die Planung eines effizienten Abfallmanagements werden sich auch die sozialen, wirtschaftlichen und umwelttechnischen Auswirkungen verstärken.
In den letzten Jahren jedoch wurden zahlreiche Initiativen auf allen Ebenen ins Leben gerufen, um Strategien zu entwickeln und Maßnahmen zur Handhabung dieses komplexen Problems zu ergreifen.
Dies ist eine zuverlässige Synthese und Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlichen Konsensberichts. Für die vollständige Liste der Quellen, Beziehen sich auf die Referenzen.
Heutzutage werden wir infolge unserer sorglosen Verwendung und vor allem der fehlenden Planung bezüglich der Verwendung dieses haltbaren Materials nach seiner Nutzungsdauer von Kunststoffmüll überschwemmt, ganz zu schweigen von den damit einhergehenden erheblichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Kosten. Da sich in den nächsten 10 – 15 Jahren die weltweite Kunststoffproduktion voraussichtlich fast verdoppeln wird, müssen die Herstellungs-, Vertriebs-, Konsum- und Handelssysteme für Kunststoff unbedingt verändert werden.
Der größte Teil der Meeresabfälle besteht aus sich langsam oder möglicherweise gar nicht zersetzenden Materialien, so dass ein ständiger Eintrag großer Mengen dieser Produkte zu ihrer schrittweisen Anhäufung im Meeres- und Küstenumfeld führt. Dieser negative Trend wurde durch eine Reihe von Studien in verschiedenen Regionen bestätigt und weist eindeutig darauf hin, dass sich die Situation in Bezug auf Meeresabfälle stetig verschlimmert. Meeresabfälle sind damit nicht nur ein Umwelt-, sondern auch ein gesundheitliches, wirtschaftliches und ästhetisches Problem.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) definiert Meeresabfall als „jeden schwer abbaubaren, hergestellten oder verarbeiteten Feststoff, der in der Meeres- oder Küstenumgebung weggeworfen, entsorgt oder ausgesetzt wurde“. Er besteht aus Dingen, die Menschen in Seen, Flüssen und an Stränden verloren oder weggeworfen haben oder die durch Flut, Abwasser, Wind oder beispielsweise verloren gegangene Fischernetze und Ladungen in die Gewässer eingetragen wurden.
In den Meeren der Welt haben sich schätzungsweise über 150 Millionen Tonnen an Kunststoffen angesammelt und es wird davon ausgegangen, dass:
Meeresabfall kann über lange Strecken mit Meeresströmung und Wind transportiert werden; daher ist er in allen Meeren und den entferntesten Gegenden zu finden, beispielsweise auf Inseln mitten im Ozean und in den Polargebieten.
Wie in der „globalen Lehre“ im UNEP-Bericht beschrieben, werden Mikrokunststoffe üblicherweise als kleine Partikel oder Fragmente von Kunststoffen beschrieben, deren Durchmesser kleiner als 5 mm ist. Andere werden gezielt für industrielle und Haushaltszwecke hergestellt. Einige sind das Ergebnis von Verwitterung und Zerteilung größerer Kunststoffobjekte (synthetische Textilfragmente, Kunststoffpartikel aus Kosmetikprodukten oder industrielle Reiniger usw.), ein Prozess, der durch Einwirkung von UV-Strahlung noch beschleunigt wird, der aber extrem langsam wird, sobald der Kunststoff unter die Oberfläche gelangt. Selbst Kunststoffe, die als „biologisch abbaubar“ gekennzeichnet sind, bauen sich im Meer nicht schnell ab. Nanometergroße Kunststoffpartikel sind wahrscheinlich genauso zu finden wie millimeter- und mikrometergroße Kunststoffpartikel, aber deren Gefahren sind immer noch nicht ausreichend bekannt und können sogar viel komplexer sein. Die Primärquellen von verloren gegangenen Makrokunststoffen sind falsch behandelter Siedlungsabfall (d. h. aus wilden Müllkippen und unzureichenden Mülldeponien), der für über die Hälfte der in der Umwelt verschwundenen Makrokunststoffe steht und primär aus Afrika, Lateinamerika und der Karibik sowie dem Mittleren Osten stammt; in diesen Regionen ist der Plastikverbrauch enorm hoch und hier findet sich ein großer Teil des falsch behandelten Siedlungsabfalls. Menge und Art (Größe, Form, Dichte, chemische Zusammensetzung) der Materialien bestimmen zusammen mit ihren Eintrittspunkten in das Meer weitestgehend die anschließende Verteilung und die Auswirkung.
Währenddessen entstehen die Schäden durch Mikroplastik hauptsächlich durch große Bevölkerungszahlen und deren Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststoffen. Die Gebiete, die am meisten dazu beitragen, sind Nordamerika, China, Asien (einschließlich Japan, Indien und China) und Westeuropa.
1 Im Meer treibender Plastikmüll – Globale Lehren und Forschung sollen Handlungen anregen und den Politikwechsel leiten
Umweltprogramm der Vereinten Nationen, Nairobi. UNEP (2016)
Meeresabfälle bedrohen die Biodiversität in Meeres- und produktiven Küstenregionen und sind Schadens- und Todesursache in der Tierwelt. Das Verwickeln in verloren gegangene Fischernetze und das Verschlucken von Meeresabfällen bei der Nahrungsaufnahme verursachen die primären direkten Schäden an Meerestieren wie Rankenfüßern und Wattwürmern, die Teile des Makroplastiks fressen. Weitere Bedrohungen der Tierwelt und der Umwelt durch Meeresabfälle umfassen das Ersticken des Meeresbodens und die Störung der Lebensräume durch mechanische Strandreinigung.
Es wird auch immer öfter angenommen, dass Meeresabfälle eine Quelle der Ansammlung toxischer Substanzen in der Meeresumgebung sind und dass Veränderungen des Ökosystems die Folge des Transports invasiver Spezies, wie der schädlichen Algenblüte und von Pathogenen, zwischen den Meeren sind. Für den GESAMP-Bericht2 steht jedoch nicht fest, ob die derzeit beobachtete zunehmende Anzahl von Mikroplastik signifikant für einen Anstieg der Populationsgröße ist.
Jedes Jahr führt der vorhandene Meeresabfall auch zu Schäden, die Gesundheitsrisiken und Todesfälle, Verlust von Eigentum und Existenzgrundlage sowie auch hohe wirtschaftliche Kosten verursachen. Darüber hinaus ruiniert, beschmutzt und verdirbt Meeresabfall die Schönheit des Meeres und des Küstengebiets.
2 Ursprung, Schicksal und Auswirkungen von Mikroplastik auf die Meeresumwelt: Teil zwei einer globalen Beurteilung. GESAMP (2016).
Plastikmüll, insbesondere Kunststoffe medizinischen und sanitären Ursprungs, die von Meeresorganismen (Fischen, Krustentieren usw.) aufgenommen werden, könnten ein Gesundheitsrisiko in sich bergen und möglicherweise schwere Schäden verursachen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass nur die kleinsten Partikel (1,5 µm oder weniger) dieser Kunststoffe in die Kapillargefäße von Organen eindringen können und andere ausgeschieden werden. Bei einigen dieser Mikroplastikmaterialien wird vermutet, dass sie dann mit dem Immunsystem interagieren können, oxidativen Stress hervorrufen oder die DNA schädigen können.
Dennoch ist unser Wissen sehr lückenhaft, wenn es um toxikologische Daten über derzeit aufgenommenes Mikroplastik geht, dessen mögliche Folgen beim Kochen oder bei der Hochtemperaturverarbeitung von Fischereierzeugnissen und auf spezifische Absorptionswege, Verteilung und Umlagerung dieser Mikroplastikpartikel in Gewebe und Organe des menschlichen Körpers.
Gemäß einem jüngsten Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) über das Verhängnis von Kunststoffen im menschlichen Körper und ihre möglicherweise schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit3 bleibt noch viel zu tun – und angesichts der derzeitig verfügbaren wissenschaftlichen Beweise scheint Mikroplastik keine signifikante Bedrohung für die Lebensmittelsicherheit darzustellen, da die mit dem Konsum von Fischereiprodukten verbundenen gesundheitlichen Vorteile die potenziellen Risiken überwiegen.
3 Mikroplastik in Fischgründen und Aquakultur – Kenntnisstand über ihr Auftreten und Auswirkungen auf Wasserorganismen und Lebensmittelsicherheit. 2017 – Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO).
Einer der Hauptgründe für das Meeresabfallproblem, das sich weltweit zu verstärken scheint, sind die Vermüllungspraktiken des Schifffahrtssektors sowie die fehlende landgestützte Infrastruktur, um Abfälle aufzunehmen; hinzu kommt noch der Mangel an Bewusstsein bei den Hauptbeteiligten und in der breiten Öffentlichkeit. Der Analytische Bericht der UNEP4 über Meeresabfall unterstrich, dass der Mangel an Umsetzung und Durchsetzung bestehender internationaler und regionaler Umweltvereinbarungen sowie nationaler Vorschriften und Normen wesentlich zu dem Problem in diesem Zusammenhang beiträgt.
4 Im Meer treibender Plastikmüll – Globale Lehren und Forschung sollen Handlungen anregen und den Politikwechsel leiten. Umweltprogramm der Vereinten Nationen, Nairobi. UNEP (2016).
https://wedocs.unep.org/rest/bitstreams/11700/retrieve
Die dringendste, kurzfristige Lösung zur Senkung des Plastikeintrags liegt speziell in Entwicklungsländern darin, die Müllabfuhr und -behandlung zu verbessern. Der Beschluss 3/7 zu Meeresabfall und Mikroplastik, der in der 3. Sitzung der UN-Umweltversammlung gefasst wurde, fordert alle Länder und andere Beteiligte auf, Kunststoffe verantwortungsvoll zu verwenden und zu versuchen, den unnötigen Einsatz von Kunststoffen zu senken und die Forschung und Anwendung umweltfreundlicher Alternativen zu fördern. Das Problem ist, dass Meeresabfälle nicht immer speziell in globalen oder regionalen Übereinkommen, Vereinbarungen oder Aktionsplänen genannt werden. Langfristige Lösungen beinhalten eine Lenkung auf allen Ebenen sowie Verhaltens- und Systemänderungen, beispielsweise eine höhere Kreislaufwirtschaft und nachhaltigere Produktions- und Konsummuster.
Gleichzeitig sind aber bereits zahlreiche Instrumente mit Bezug auf Meeresabfälle vorhanden und Aktionen auf globaler und regionaler Ebene sind angelaufen. Schulung, Informationen und Weiterbildungen gehören daher zu den wichtigsten Komponenten bei allen Bemühungen zur Förderung vernünftigerer Überlegungen zu Müll im Allgemeinen in der Gesellschaft. Praktisch betrachtet, zeigt das Verbot von Plastiktüten in über 100 Ländern, welche Macht direkte Regierungsmaßnahmen auf Kunststoffe haben können.
Zur Vermeidung von Meeresabfällen, die spezieller aus dem Seetransport, Offshore-Plattformen und Fischkuttern stammen, müssen Anstrengungen unternommen werden, die Produktion von Abfällen und ihre Verbreitung zu senken; diese sind an Bord zu lagern und an Land in geeigneten Aufnahmeeinrichtungen abzugeben. Alle Ausrüstungen und Materialien für die Fischerei, insbesondere Treibnetze, sollten getaggt werden, damit sie, falls sie auf See verloren gehen, geborgen werden können. Keine Fischereiausrüstung sollte vorsätzlich auf See entsorgt werden, sondern zwecks geeigneter Entsorgung an Land gebracht werden.
Es befinden sich abbaubare Kunststoffe in der Entwicklung, die dabei helfen könnten, die Menge an schwer abbaubaren Kunststoffen in der Umwelt zu senken, aber sie sind gleichzeitig ein schlechtes Signal und relativ unvereinbar mit den zahlreichen Versuchen, die Verhaltensmuster der Verbraucher zu ändern. Und wenn die Verschmutzung der Umwelt durch einige Abfälle, die als „umweltverträglich“ betrachtet werden, akzeptierbar erscheint, würde es sehr schwer werden, eine Grenzlinie zu ziehen und eine konsequente Haltungs- und Verhaltensänderung zu erzielen.
Auf europäischer Ebene ist die Einrichtung von Überwachungsprogrammen ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 2008 (MSFD – 2008/56/EG). Dazu gehört die Entwicklung einer „Richtlinie zur Überwachung von Meeresabfällen in europäischen Meeren“. Die Verschmutzung der Meere durch Kunststoffe und Mikroplastik ist zu einer der drei Hauptbereiche der Europäischen Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft5 geworden, die die Europäische Kommission im Januar 2018 verabschiedet hat.
5 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1516265440535&uri=COM:2018:28:FIN
Entwicklungsländer haben Schwierigkeiten beim Kapazitätsaufbau, bei der Mobilisierung von Ressourcen und angesichts des Mangels an Alternativen für den Ersatz bestimmter Kunststofftypen. Kleine Entwicklungsinselstaaten sind besonders anfällig für das Problem der Meeresabfälle und Mikroplastik und haben mit erheblichen Herausforderungen in Bezug auf Abfallmanagement und Plastikverschmutzung zu kämpfen. Diese Staaten benötigen daher internationale Hilfe beim Umgang mit dem Problem und auch bessere Programme zur Stärkung des Bewusstseins angesichts von Meeresabfällen und Mikroplastik, insbesondere für die am meisten gefährdeten Populationen.
Im Meer treibender Plastikmüll – Globale Lehren und Forschung sollen Handlungen anregen und den Politikwechsel leiten 2016. Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), Nairobi. UNEP-POPS-PUB-LEAFLET-Brochure-MarineLitter-2018.English%20(2).pdf |
Unsere Ozeane, Meere und Küsten - Descriptor 10: Marine Litter EU-Kommission |
Der Kampf gegen Kunststoffabfälle und Mikroplastik in den Meeren: eine Beurteilung der Wirksamkeit relevanter internationaler, regionaler und subregionaler Regierungsstrategien und -ansätze. |
Orientierungshilfe zur Überwachung von Abfällen in europäischen Meeren. Ein Leitfaden im Rahmen der gemeinsamen Umsetzungspolitik zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Technische MSRR-Untergruppe für Meeresabfälle. Gemeinsame Forschungsstelle der EU – Institut für Umwelt und Nachhaltigkeit (2013) |
Sechste Internationale Meeresmüll-Konferenz, San Diego, 2018 http://ismp.ecnu.edu.cn/ |
Ursprung, Schicksal und Auswirkungen von Mikroplastik auf die Meeresumwelt: eine globale Beurteilung. (Kershaw, P. J., Hrsg.). (2015). (IMO/FAO/UNESCO-IOC/UNIDO/WMO/IAEA/UN/UNEP/UNDP Gemeinsame Sachverständigengruppe zu Rep. Stud. GESAMP Nr. 90, 96 S |
Mikroplastik in Fischgründen und Aquakultur – Kenntnisstand über ihr Auftreten und Auswirkungen auf Wasserorganismen und Lebensmittelsicherheit. (2017) Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). |
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Meeresabfall – eine analytische Übersicht – UNEP (2005) |
Weltumwelttag 2018: Übersicht |
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Zweites Treffen der offenen Ad-hoc-Expertengruppe zu Meeresabfall und Mikroplastik. UN Umwelt, Dezember 2018 https://papersmart.unon.org/resolution/second-adhoc-oeeg |
Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft COM/2018/028 final https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1516265440535&uri=COM:2018:28:FIN |
Weiterführende Lektüre: Ministererklärung 2008 der UN-Umweltversammlung auf ihrer dritten Sitzung: 2018, UNEA-Resolution 3/7: Meeresabfall und Mikroplastik 2017, Verschmutzungsbericht des Executive Directors 2017, Beschluss 71/312 der Generalversammlung: Unser Meer, unsere Zukunft: Aktionsaufruf http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/RES/71/312 2016, UNEA-Resolution 2/11: Plastikabfall und Mikroplastik im Meer Bericht 2016: Plastikteile & Mikroplastik im Meer: Globale Lehren und Forschung zur Anregung von Handlungen und Politikwechsel https://wedocs.unep.org/rest/bitstreams/11700/retrieve 2014, Studie zum Meeresabfall zur Unterstützung der Errichtung einer ersten quantitativen Zielvorgabe zur Reduzierung 2018, Eine europäische Strategie für Kunststoff in einer Kreislaufwirtschaft https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1516265440535&uri=COM:2018:28:FIN Fakten und Zahlen zur Kunststoffverunreinigung http://www.beachapedia.org/Plastic_Pollution_Facts_and_Figures |
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